Nachtarbeit: Die Regelungen gelten
In vielen Branchen ist Nachtarbeit unverzichtbar. Knapp 17 Millionen Berufstätige in Deutschland arbeiten im Schichtdienst, davon rund 3,5 Millionen Frauen und Männer ausschließlich nachts. Ohne sie fahren nachts keine Busse, fliegen keine Flugzeuge oder ist kein Krankenhausbetrieb vorstellbar. Und fällt nachts der Strom aus, hat das Auswirkungen auf praktisch alle Lebensbereiche. Für Unternehmer, die ihre Mitarbeiter nachts beschäftigen, ergeben sich daraus verschiedene Pflichten, die sich zum Beispiel aus dem Arbeitsschutzgesetz und dem Arbeitszeitgesetz ergeben.
Inhaltsverzeichnis
Wann ist von Nachtarbeit die Rede?
Laut Arbeitszeitgesetz ist von Nachtarbeit oder Nachtdienst die Rede, wenn Erwerbstätige zwischen 23 und 6 Uhr beschäftigt werden. Eine Ausnahme bilden Bäcker und Konditoren – hier hat der Gesetzgeber den Zeitraum zwischen 22 und 5 Uhr als Nachtarbeit deklariert. Nachtarbeit liegt genaugenommen dann vor, wenn mindestens zwei Stunden der Arbeitszeit in diesen Zeitraum fallen. Als Nachtarbeiter gilt, wer entweder 48 Stunden pro Kalenderjahr innerhalb der genannten Zeiträumen arbeitet oder im Wechselschichtmodell beschäftigt ist, bei der auch Nachtarbeit vorgesehen ist.
Allerdings dürfen Arbeitgeber werdende oder stillende Mütter nicht zur Nachtzeit beschäftigen. Nach den Regelungen des Mutterschutzgesetzes ist eine Arbeit zwischen 20 und 6 Uhr für diese Personengruppen verboten. Auch Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren dürfen in diesem Zeitraum keiner Tätigkeit in einem Betrieb nachgehen. Allerdings gibt es hier verschiedene Ausnahmen, die im Jugendschutzschutzgesetz geregelt sind.
Nachtarbeit birgt Gesundheitsgefahren
Für die Arbeitnehmer birgt die Nachtschicht gesundheitliche Gefahren, deshalb hat die Einhaltung der Gesetze und Verordnungen für Unternehmer oberste Priorität. Berufstätige, die dann arbeiten, wenn andere schlafen, arbeiten im Grunde gegen ihre innere Uhr – nämlich dann, wenn der Körper das schlaffördernde Melatonin ausschüttet und der Körper nicht auf Aktivität eingestellt ist. Der Schlaf am Tag fällt wiederum besonders schwer, weil der Körper stimulierendes Serotonin bildet. Die Folgen regelmäßiger Schicht- und Nachtarbeit reichen von Schlafstörungen über Reizbarkeit bis hin zu Depressionen, Magen-Darmproblemen und anderen Erkrankungen. Auch das Unfallrisiko während der Nachtarbeit ist erhöht.
Langfristig drohen Arbeitnehmern Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen oder auch Diabetes. Hinzu kommt auch die soziale Komponente: Nachtarbeiter haben in der Regel weniger soziale Kontakte. Arbeitnehmer können laut Arbeitszeitgesetz darauf bestehen, in die Tagschicht zu wechseln, wenn sie wegen gesundheitlicher Gründe nicht mehr in der Lage sind, nachts zu arbeiten. Jedoch muss in diesem Fall gewährleistet sein, dass die Tätigkeit in vollem Umfang auch tagsüber geleistet werden kann. Ein Wechsel in die Tagschicht ist auch dann möglich, wenn im Haushalt des Arbeitnehmers ein unter zwölfjähriges Kind oder ein schwer Pflegebedürftiger lebt. Stehen dringende betriebliche Erfordernisse dagegen, ist ein Wechsel jedoch nicht möglich.
Pausen- und Ruhezeiten für Nachtarbeiter
Das Arbeitsschutzgesetz sieht vor, dass Erwerbstätige, die nachts arbeiten, täglich nicht mehr als acht Stunden arbeiten dürfen. Nur in Ausnahmefällen ist eine Verlängerung auf zehn Stunden möglich – und zwar dann, wenn die tägliche, gesetzlich vorgegebene Arbeitszeit von acht Stunden in einem bestimmten Zeitraum nicht überschritten wird:
„Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.“ (Arbeitszeitgesetz, Paragraf 3)
Für Pausen und Ruhezeiten gelten folgende Regeln: Spätestens nach sechs Stunden Arbeitszeit muss der Arbeitgeber eine Pause von 30 Minuten gewähren. Beschäftigte, die während ihrer Nachtschicht zwischen sechs und neun Stunden arbeiten, haben Anrecht auf eine Pause von mindestens 30 Minuten. Wer nachts länger als neun Stunden arbeitet, hat ein Anrecht auf 45 Minuten, die in drei Zeitabschnitte von je 15 Minuten unterteilt werden müssen. Die Ruhezeit zwischen zwei Nachschichten darf eine Zeitspanne von elf Stunden nicht unterschreiten. Aus diesem Grund ist der Wechsel von Nacht- zu Frühschicht verboten. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Eine Verkürzung der Ruhezeit um bis zu einer Stunde ist nach Paragraf 5 des Arbeitsschutzgesetzes dann rechtens, wenn diese zeitnah innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen, durch eine verlängerte Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden ausgeglichen werden kann.
Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse
Darüber hinaus müssen Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass die Gestaltung der Nacht- und Schichtarbeit nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen muss. Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass verschiedene Befindlichkeitsstörungen nicht nur auf nächtliche Arbeit zurückzuführen sind, sondern auch mit unzureichend gestalteten Arbeitszeitsystemen in Zusammenhang stehen. Arbeitnehmer in Nachtschicht haben ein Anrecht darauf, sich regelmäßig (mindestens alle drei Jahre) arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen. Ab dem 50. Lebensjahr besteht das Recht auf eine jährliche Untersuchung. Die Kosten dafür hat der Arbeitgeber zu tragen.
Arbeitszeitsysteme optimieren
Eine wesentliche Rolle spielen dabei neben der Schichtdauer die Zeiten für Erholung, aber auch die Regelungen zu Schichtabfolgen. Generell sollten Arbeitgeber in diesem Zusammenhang zum Beispiel regelmäßige freie Tage, die am Stück genommen werden, gewähren. Auch vorwärts rotierte Pläne für Schichtarbeiter (Früh-, Spät-, Nachtschicht) werden als sinnvoll erachtet, ebenso wie nicht mehr als zwei bis vier Schichten am Stück. Schwere Arbeiten sollten nach Möglichkeit am Tag erledigt werden, auch aus dem Grund, weil die Konzentration nachts oft herabgesetzt ist (Unfallgefahr).
Entschädigung für zusätzliche Belastungen
Unternehmer sind gesetzlich dazu verpflichtet, Beschäftigten, die nachts arbeiten, Zuschläge zu zahlen oder einen entsprechenden Freizeitausgleich anzubieten. Mit diesen Leistungen sollen Arbeitnehmer für die zusätzlichen Belastungen, die Nachtarbeit nach sich zieht, entschädigt werden. Genaue Vorgaben gibt es jedoch nicht. Sehr oft werden Ausgleichzahlungen oder freien Tage in Tarifverträgen geregelt. Bestehen keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen,
„hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.“ (Arbeitszeitgesetz, Paragraf 6, Absatz 5)
Wie der Ausgleich erfolgt, wird individuell geregelt. Der gesetzliche Nachtzuschlag orientiert sich jedoch an einem gesetzlichen Richtwert. Danach sind es 25 Prozent des Bruttostundenlohns, bei schweren Tätigkeiten sind es bis zu 40 Prozent. Andere Berechnungen sind zum Beispiel dann zulässig, wenn die Tätigkeit weniger belastend ist als tagsüber (zum Beispiel beim Bereitschaftsdienst). Gewährt der Arbeitgeber einen Freizeitausgleich, orientiert sich dieser an den genannten Werten. Ein Beispiel: Bei vier Nachschichten á acht Stunden hat ein Beschäftigter das Recht auf einen freien Tag. Der Nachtschichtzuschlag wird außerdem auch dann gezahlt, wenn der Arbeitnehmer an einem Feiertag arbeitet und dafür bereits einen Feiertagszuschlag erhält. In diesem Fall muss das Unternehmen beide Zuschläge zahlen.
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