Magazin / Im Job / Vaterschaftsurlaub: Das soll die neue EU-Richtlinie bringen

Vaterschaftsurlaub: Das soll die neue EU-Richtlinie bringen

Am 1. Juli 2019 ist eine neue EU-Richtlinie in Kraft getreten. Darin werden in der gesamten Europäischen Union verbindliche Mindeststandards für die Bereiche Pflege, Mutterschutz, Elternzeit und damit auch Vaterschaftsurlaub festgelegt. Unter anderem sieht die Richtlinie vor, dass Väter rund um die Geburt ihres Kindes zehn Tage Urlaub erhalten sollen – und zwar zusätzlich zu ihrem regulären Urlaub. Allerdings ist derzeit noch unklar, wie und ob das auch in Deutschland umgesetzt werden soll.

Richtlinie soll gleiche Chancen in Mitgliedsländern schaffen

Die Richtlinie soll hauptsächlich dazu da sein, in den verschiedenen Mitgliedsländern der EU weitgehend ähnliche Standards in Bezug auf die Pflege von Angehörigen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Doch gerade die wirtschaftlich schwächeren Mitgliedsstaaten haben schon Bedenken angemeldet, ob sie den bezahlten Urlaub der Väter rund um die Geburt finanziell tragen können.

Generell haben die Mitgliedsländer drei Jahre Zeit, die Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Dabei besteht in Deutschland die Möglichkeit, dass der Gesetzgeber gar nichts weiter oder nur sehr wenig unternimmt.

 

Deutsches Recht stellt Arbeitnehmer gut

Denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland können sich schon jetzt über weitreichende Möglichkeiten freuen, wenn sie ihr Kind Zuhause betreuen möchten. Mit dem Mutterschutz vor und nach der Geburt des Kindes und Elternzeit mit den Optionen Elterngeld und Elterngeld Plus, erfüllt man heute schon viele Anforderungen in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Daher ist es fraglich, ob der Gesetzgeber überhaupt neue Regelungen schaffen muss, um den geforderten Vaterschaftsurlaub der EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Denn bereits jetzt hat ein Mann, der in Deutschland lebt und arbeitet, wenn er Vater wird, die Möglichkeit, bis zu 12 Monate Elterngeld zu erhalten.

Konkret heißt das: Er kann ein ganzes Jahr der Arbeit fernbleiben, sich um sein Kind kümmern und bezieht dafür einen finanziellen Ausgleich. Fast 70 Prozent des durchschnittlichen Nettogehalts der letzten 12 Monate vor der Geburt des Kindes sind es in aller Regel.

 

Sind bezahlter Urlaub und Elterngeld gleichzusetzen?

Genau an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Laut Handelsblatt ist aus Kreisen des Bundesfamilienministeriums zu vernehmen, dass Deutschland mit Elternzeit und Elterngeld bereits gut aufgestellt sei und daher die EU-Richtlinie weitgehend umgesetzt habe.

Zudem sieht es die EU-Regelung auch vor, dass Leistungen, die es schon jetzt in den Mitgliedsländern gibt, mit dem geforderten Urlaub verrechnet werden können. In diesem Fall könnte die Bundesregierung also argumentieren, dass Elterngeld und -zeit dem Vaterschaftsurlaub gleichgesetzt werden können.

Das sieht allerdings die europapolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner, ganz anders. Deutschland könne sehr wohl noch mehr daran arbeiten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Denn Elterngeld ist eben nicht das gleiche wie zehn Tage bezahlter Urlaub rund um die Geburt des Kindes, so Brantner.

Die Politikerin sieht damit die positiven Entwicklungsmöglichkeiten, die die EU-Richtlinie hat, in Deutschland ungenutzt verstreichen. Denn mit dem bezahlten Urlaub kurz nach der Geburt haben Väter die Chance, sofort von Beginn an eine enge Bindung zum Kind aufzubauen.

Dazu muss man allerdings festhalten, dass auch heute schon die Väter direkt nach der Geburt des Kindes zuhause bleiben können. Ein entsprechender Antrag auf Elternzeit ab Geburt reicht dazu in aller Regel aus. Der Unterschied ist die Höhe des finanziellen Ausgleichs, die der Vater bezieht und die zusätzlichen zehn Tage, die dem Vater im Rahmen des Vaterschaftsurlaubs im Rahmen der Richtlinie zustehen.

 

Drei Jahre Zeit für die Umsetzung

Wie sich die Bundesregierung letztlich entscheiden wird, die Richtlinie in Deutschland zu interpretieren, ist noch nicht abschließend geklärt. Denn das Bundesfamilienministerium schließt nicht von vornherein aus, dass es zu Änderungen bei Elterngeld und Elternzeit oder gar einem ganz eigenen Vaterschaftsurlaub kommen könne.

Derzeit wird noch geprüft, welchen Spielraum es bei der Umsetzung gibt und was umgesetzt werden muss. Denn wenn Deutschland gegen die Vorgaben verstößt, droht sogar ein Vertragsverletzungsgefahren durch die Europäische Kommission.

 

 

Freunden empfehlen
War dieser Artikel hilfreich?
JaNein